Motion zur Abänderung des Informationsgesetzes
Die von den DpL-Abgeordneten Thomas Rehak und Herbert El- kuch eingebrachte Motion wird im Dezember-Landtag behan- delt. Diese hat die Abänderung des Informationsgesetzes zum Ziel und soll zukünftig verhin- dern, dass die Regierung mittels Einsatz von Steuergeld und un- ter Verletzung des Grundsatzes der Fairness, Chancengleichheit sowie der Sachlichkeit Abstim- mungskämpfe beeinflusst.
WO ENDET DIE SACHLICHE INFORMATION UND BEGINNT DIE PROPAGANDA?
Als Schranken der Öffentlichkeitsarbeit gelten der Grundsatz der Ausgewogen-
heit, der Chancengleichheit und das Gebot der staatlichen Neutralität bei der Informationsvermittlung. (siehe BuA 2/1998, S. 4). An diesen Grundsatz hält sich die Regierung seit einigen Jahren immer weniger. Aufgabe des Staates ist in erster Linie die Informationsvermitt- lung, damit sich das Volk eine ausgewo- gene Meinung bilden kann. Hingegen ist es nicht Aufgabe der Regierung, in Abstimmungskämpfe einzugreifen; dies ist Sache der Parteien und Interessens- gruppen.
STAATSGERICHTSHOF URTEILTE BEREITS EINMAL
In Liechtenstein hat der Staatsgerichts- hof in einem früheren Fall die Fairness in einem Abstimmungskampf als nicht gegeben angesehen. Er sah «eine Ver- letzung der im Abstimmungskampf ge-
botenen behördlichen Fairness» darin, dass auf dem Landeskanal, welcher zum damaligen Zeitpunkt eine Mono- polstellung mit grosser Wirkkraft hat- te, im unmittelbaren Vorfeld vor der EWR-Abstimmung der Landesfürst und der Regierungschef in jeweils 15-minüti- gen Statements entschieden für die An- nahme des EWR-Abkommens eintraten. Hingegen wurde die Gegner der Vorla- ge von der Teilnahme an der Sendung ausgeschlossen .
BUNDESRAT DARF KEINE ABSTIMMUNGSPROPAGANDA BETREIBEN
Nach der Rechtsprechung des Schwei- zer Bundesgerichts haben staatliche Behörden im Vorfeld von Abstimmun- gen Zurückhaltung zu üben, weil die Willensbildung in erster Linie den
gesellschaftlichen und politischen Kräf- ten vorbehalten bleiben soll. Generell zulässig sind auch in der Schweiz die amtlichen Abstimmungserläuterungen, in denen eine Vorlage zur Annahme oder Ablehnung empfohlen wird. In diesem Sinne hat das Bundesgericht dem Bun- desrat eine gewisse Beratungsfunktion anerkannt. Gemäss Bundesgericht liegt eine unerlaubte Beeinflussung erst dann vor, wenn die Pflicht zu objektiver und sachlicher Information verletzt ist. Diese Grundsätze sind eingehalten, wenn die Abstimmungserläuterungen ein umfas- sendes Bild der Vorlage unter Darstel- lung der Vor- und Nachteile abgeben und den Stimmberechtigten dadurch eine eigenständige Beurteilung ermög- lichen.
Ein weitergehendes Eingreifen einer staatlichen Behörde in den Abstim- mungskampf hat das Bundesgericht nur ausnahmsweise zugelassen, wenn triftige Gründe für eine solche Interven- tion vorliegen, so zur Richtigstellung ir- reführender Informationen oder wenn die Komplexität des Abstimmungsge- genstandes es rechtfertigt. Jede dar- über hinausgehende Beeinflussung ist hingegen unzulässig.
RECHT AUF SACHLICHE UND UNVER- FÄLSCHTE MEINUNGSBILDUNG IM VORFELD VON URNENGÄNGEN
Das Grundrecht auf freie Meinungsäus- serung gemäss Art. 40 der Landesver- fassung schützt sowohl die freie Bil- dung einer eigenen Meinung als auch deren Äusserung und Verbreitung. Dar- unter fällt auch das Recht auf sachliche und unverfälschte Meinungsbildung im Vorfeld von Urnengängen (siehe Kom- mentar zu Art. 40 Landesverfassung).
Eigentlich müsste der Regierung klar sein, dass bei der staatlichen Informa- tionsvermittlung den Grundsätzen der Sachlichkeit, Fairness und Chancen- gleichheit nachgelebt werden muss. Eigentlich. Die Erfahrungen der letzten Monate lehren jedoch etwas anderes.
In Anbetracht dieser Vorkommnisse braucht es für die Regierung offensicht- lich klarere und griffigere Regelungen im Informationsgesetz, um zukünftig einseitige Einflussnahmen der Regie- rung auf Abstimmungen zu verhindern.
WELCHEN KRITERIEN MUSS INFORMATION DURCH DIE REGIERUNG GENÜGEN?
Es ist unbestritten, dass die Regierung im Vorfeld von Abstimmungen informie- ren darf und soll. Allerdings muss dabei den Grundsätzen Chancengleichheit, der Sachlichkeit und der Verhältnis- mässigkeit nachgelebt werden.
GEBOT DER SACHLICHKEIT
Das Gebot der Sachlichkeit garantiert eine objektive und vollständige Infor- mation, bei der auf die positiven und die negativen Seiten einer Vorlage hinzuweisen ist. Die Regierung soll sich nicht auf die Vermittlung reiner Fakten beschränken, sie soll auch einen eige- nen Standpunkt haben und diesen ver- treten können. Das Sachlichkeitsgebot gewährleistet diesfalls, dass sich die Regierung bei ihrem Einsatz für oder gegen eine Vorlage nicht unlauterer Mittel wie der Propaganda oder der Polemik bedienen darf. Die Stimmbe- rechtigten dürfen argumentativ über- zeugt, nicht aber mit undifferenzierten oder einseitigen Argumenten überre- det werden.
GEBOT DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
Das Gebot der Verhältnismässigkeit for- dert, dass die Information durch die Re- gierung in ihrer Art, Intensität und Wahl der Mittel geeignet und erforderlich sein sollte, um die freie Willensbildung der Stimmberechtigten zu ermöglichen. Es bezweckt die Herstellung von Chan- cengleichheit im Abstimmungskampf und dadurch die Vermeidung einer ein- seitigen Machtausübung, welche zu ei- ner Verfälschung der Ergebnisse führen kann.
GEBOT DER CHANCENGLEICHHEIT
Nur eine ausgewogene Informations- kampagne führt zur Chancengleichheit. Daher soll der Staat möglichst auf sepa- rate Abstimmungsbroschüren verzich- ten, die Pro oder Contra-Positionen sol- len die politischen Akteure und nicht die Regierung übernehmen. Zudem soll die Regierung keine Kampagnen finanziell unterstützen. Private Akteure finanzie- ren einen Wahlkampf aus der eigenen Hosentasche oder sind auf Unterstüt- zung von wohlgesinnten Mitmenschen angewiesen. Nur ein Kampf mit gleich- langen Spiessen ist fair.
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